Text zur Sendung von Servus TV: “Zum Duell der Meinungsmacher über das aktuelle Thema “Wahlsieger im Abseits: Schlag ins Gesicht der Wähler?” diskutieren bei Michael Fleischhacker in Wien u. a. der Kolumnist Bernhard Heinzlmaier, der Medienwissenschaftler Norbert Bolz und die Philosophin Regula Stämpfli. “Wozu gehen wir noch wählen?” Das fragen sich derzeit viele Österreicher. Denn Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragt ÖVP-Chef Karl Nehammer mit der Regierungsbildung. Viele Beobachter geben sich erleichtert und wähnen FPÖ-Chef Herbert Kickl endgültig im Abseits. Der aber zeigt sich kämpferisch: Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. Und: Van der Bellen Schachszug sei ein Schlag ins Gesicht der Wähler.
Hat Van der Bellen recht: Ist mit der FPÖ tatsächlich kein Staat zu machen? Oder ignoriert er den Willen der Wähler und erschüttert so deren Vertrauen in die Demokratie? Wie viel Wahl hat der Bürger noch bei Wahlen?
Moderator Michael Fleischhacker begrüßt diesen Sonntag folgende Gäste:
den Kolumnisten Bernhard Heinzlmeier,
denMedienwissenschaftler Norbert Bolz,
die Philosophin Regula Stämpfli und
die “Falter”-Kolumnistin Tessa Szyszkowitz.
“Links. Rechts. Mitte – Duell der Meinungsmacher” Die Diskussionssendung bei ServusTV und ServusTV On – immer sonntags.
Hier ein Ausschnitt: In dieser Folge erzählt Die Rohnerin die spannende Geschichte der KI: Das digitale Newsportal DerWesten (Funke Mediengruppe) hat nun eine “KI-gesteuerte Redakteurin” im Team: Daline West sei “eine einzigartige Kombination aus Technologie und menschlichem Feingefühl”. Na, herzlichen Glückwunsch, findet “Die Podcastin”: Daline West – deren KI-generiertes Bild natürlich nicht ohne Sexismus auskommt – schreibt ab sofort über Supermarkt-Öffnungszeiten und Horoskope. Wo die Problematik liegt, bespricht #diepodcastin, Isabel Rohner & Regula Staempfli, siehe https://www.derwesten.de/autoren/daline-west
In der KI/AI geht es oft darum, so laStaempfli, LEBEN IN KUNST umzuwandeln oder krasser: Lebende Menschen und Tiere wie tote Ware zu verkaufen (siehe Prostitution, Leihmutterschaft, Dalit in Indien u.s.w.) Die Podcastin, Isabel Rohner und Regula Stämpfli in der Diskussion um Begriffe: Gleichzeitig wird statt “Armut bekämpft”, mit Worten Armut gelöscht zugunsten einer “Nichtdiskriminierung” und “Authentizität. Deshalb werden psychisch kranke Menschen, Drogen- und Alkoholsüchtige auf der Strasse auch nicht mehr so genannt, sondern unter “Obdachlosen” abgebucht als ob die Probleme mit der Wohnung verschwinden würden. So wie islamistische Terroranschläge gerne als “Psychosen” getarnt werden. Oder statt die Zuckerlobby zu bekämpfen, “Body Positivity” zu predigen.
laStaempfli: “Zur Erinnerung, wie gross Hannah Arendt war: Sie schrieb über die “mathematische Entfremdung der Welt als die Computer noch so gross wie Lastwagen waren.” laStaempflis Lieblingszitat von Hannah Arendt hierzu: “Jedenfalls hat, was die Neuzeit betrifft, Weltentfremdung den Gang und die Entwicklung der modernen Gesellschaft bestimmt, während Erdentfremdung von vornherein das Wahrzeichen der modernen Wissenschaft wurde. (…) Der Mathematik gelang es, sich von den Fesseln räumlicher Vorstellungen zu befreien und das (..) menschliche Erkenntnisvermögen die Möglichkeit auf Endlichkeit zu nehmen.” Aus Vita ACTIVA. Technik und Politik gehören nach Hannah Arendt zusammen. Es geht nicht um Wahrheit oder Wissen, es geht um DAS URTEILEN und den vernünftigen Meinungsaustausch über die Sphäre des ÖFFENTLICHEN LEBENS und der gemeinsamen Welt. Es geht auch darüber, wie die Dinge in der Welt aussehen sollen, auch die Technik, und welcher Art und Weise die Dinge sein sollen, die wir haben und welchen SINN die Dinge haben. Die Digitalisierung stellt uns – so laStaempfli – nicht nur vor die Frage, ob Roboter bald die besseren Menschen werden, sondern inwiefern Menschen immer mehr zu Kategorien, Klassen, Maschinen, Gruppen etc. mutieren müssen, um in der neoliberalen, digitalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts überhaupt noch überleben zu können.
Frauenposen bei Männern kommen nicht gut an: Joe Kahn, Chefredakteur New York Times. Exklusiv für den Klein Report kommentiert die Politphilosophin Regula Stämpfli, was dessen globale Beschämung mit Gender, digitaler Transformation und Kommunikation im 21. Jahrhundert zu tun hat.
Dabei hatte es für den neuen Chefredakteuren der New York Times so gut angefangen: Die Agenturmeldungen überschlugen sich, die Lobpreisungen im Voraus waren vielfältig – kurz, die Nomination war geglückt. Und nun dies: Ein Foto das sehr viel über Imagebuilding & Wirkung unserer Zeit verrät.
@laStaempfli zur Ikonographie im TWITTER-Zeitalter.
“Früher hiess es «Kleider machen Leute», heute sind es Images. Der neuernannte Chefredaktor der «New York Times» hat dabei tief in die Kloschüssel gegriffen. «Paint me like one of your French girls!» titelte «Daily Mail» hämisch. Joe Kahn posiert für das «New York Magazine» in Anzug, mit Socken auf Teppich, die Zeitung liegt neben ihm, ebenso eine Billigtasse mit chinesischem Schriftzeichen. Unter dem Bild steht: «Joe Kahn relaxing with the paper». (…) Die Affäre belegt das, was ich seit «Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt» sachlich feststelle: «Die Eroberung der Welt als Bild». Die Referenz zwischen Bild und Information ist im digitalen Zeitalter ebenso aufgehoben wie die Unterscheidung zwischen öffentlich und privat. Seit selbst Bundesrätinnen und Bundesräte ihr jährliches Foto wie einen Klassenausflug inszenieren, ist die Trennschärfe dessen, was die Aufgabe von Politisierenden und was die Aufgabe von Stars ist, in allen westlichen Demokratien aufgehoben. Joe Kahn hätte besser beraten sein sollen, als sein öffentliches Amt – Chefredaktor der «New York Times» ist kein normaler Job – durch eine persönliche Bilderstrecke mit Verführerpose im eigenen Medium anzutreten.” Ausschnitt aus Kleinreport vom 25. April 2022, Kolumne von Regula Stämpfli. https://www.kleinreport.ch/news/new-york-times-chefredaktor-joe-kahn-entschuldigt-sich-fur-frauenposen-pic-99388/
“Der Mensch ist frei geboren und überall knechten sie die Daten.” @laStaempfli.
Die Vorlesung kann bei oeffentlichesprogramm@unisg.ch bestellt werden: Für 20 Franken sind Sie dabei. Am 28. April ist aktuell die Vorlesung der #HannahArendtLectures. Antisemitismus, Antifeminismus & Rassismus als Thema dran – Regula Stämpfli liest, erklärt, verheddert und brilliert. Sie schliesst mit Leila Slimani und deren wunderbaren Zitat im “Aufruf zum Verbrechen” anlässlich der Literaturtage in Berlin 2021. Zitat zur Vorlesung von Leila Slimani: FAZ, 12. September 2021: “Ich bin aufgewachsen (..) in einem Land, in dem Angst und Willkür herrschten. In Marokko lebte ich sozusagen in einer Fantasiewelt.” laStaempfli erklärt an Hannah Arendt, wie Totalitarismen a-politisch sind im Sinne der totalen Vereinsamung der Menschen, in denen Lüge Alltag wird. “In dieser fiktiven Welt geben wir alle vor, tugendhaft zu sein. Wir geben vor, die Gesetze zu befolgen, die Sex ausserhalb der Ehe, Abtreibung und Homosexualität verbieten, und die Menschen um uns herum geben vor, uns zu glauben. Die soziale Maske, die du trägst, die Lügen, die du erzählst, dienen in dieser Welt nicht einfach nur dazu, dich gut dastehen zu lassen oder dir Respekt zu verschaffen, sondern dazu, deine Haut zu retten.”
Poesie, so auch Hannah Arendt, verändert das Leben. Leila Slimani “Mein Verbrechen begann in einer Bibliothek.” Yep.
Elemente und Ursprünge digitaler Auflösung der Wirklichkeit von Regula Stämpfli im Rahmen der #HannahArendtLectures an der HSG Universität St. Gallen.
Welt- und Wirklicheit hängen zusammen @laStaempfli
“Biologie ist nicht ohne Politik zu haben” Regula Stämpfli
Die Vorlesung wird den Teilnehmenden als Podcast direkt zugesendet. Falls Sie den Podcast nicht erhalten haben, bitte via Mail (mit Name, Adresse und Telefonnr.) bei pollitphilozoffin@gmail.com melden.
Literaturtipps:
Hans Belting, Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter Kunst. Regula Stämpfli, Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt, Regula Stämpfli, Die Vermessung der Frau, Josef Weizenbaum, Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, Harry Mulisch, Die Entdeckung der Welt, Sadie Plant, Nullen&Einsen: digitale Frauen und die Kultur der neuen Technologien, Shoshana Zuboff: Digitaler Überwachungskapitalismus, Zygmunt Bauman, Das Leben als Konsum.
Die Philosophinnen Donata Romizi und Regula Stämpfli im Gespräch über Fakten & Fakes: Wahrheit, Rhetorik und Lüge im öffentlichen Diskurs. Wien, 19. Mai 2020
Einführungslektüre: Regula Stämpfli, Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt, 2018