Regula Stämpfli über den weiblichen Chefetagenwechsel in der TAZ

Wenn Frauen in Chefetagen ein böses Omen sind

Regula Stämpfli über den weiblichen Chefetagenwechsel in der TAZ

hannah und ich

Die Zeitungsbranche schaut in den Abgrund und dann dies: „Lauter Frauen in der TAZ“. So lautet die Schlagzeile, hinter der eigentlich nur ein Wechsel in den Chefetagen der Berliner Tageszeitung beschrieben wird.

Die Freude über den Feminisierungsschub wird sich in Grenzen halten. Denn seit Hannah Arendt wissen wir, dass „die Anderen“ sich gegenüber der Mehrheitskultur nur als Parvenü (Emporkömmling) oder als Paria (Aussenseiter) bewähren können. Allein das „lauter Frauen“ zeigt wie unnatürlich, anormal, erwähnenswert es ist, in Chefetagen Menschen anzutreffen, die einen Menstruationshintergrund haben.

Machtverlust in einer Branche war schon immer ein Feminisierungsbooster. Die europäischen Armeen erhielten die erste VerteidigungsministerINNEN zu einem Zeitpunkt als die klassischen Streitkräfte schon längst Auslaufmodelle waren. Die demokratischen Volksparteien wählten erst dann eine Frau an ihre Spitze als die Umfragewerte am Boden lagen oder Reinemache angesagt war. Die Europäische Union bekam erst dann eine PräsidentIN als ihr Niedergang schon längst nicht mehr zu übersehen war.

In den nächsten Monaten werden unheimlich viel Frauen in Positionen aufzufinden sein, die Institutionen, Organisationen und Betrieben angehören, die in der Abwärtsspirale stecken. Viele Feministinnen werden „Fortschritt“ rufen, ohne die Phänomenologie deuten zu können. Unterdessen formieren sich neue Branchen, der Blick ins Silicon Valley und nach Beijing genügt: Männer versammelt Euch! Denn das Weltgesetz lautet: Je mehr Frauen in einem Beruf, einer Institution, einer Organisation, einer Gesellschaft, umso weniger Macht, Einfluss, Geld, Gestaltungsraum und Freiheit.

Regula Stämpfli über Trumps Chaos-Managment im April 2020: Fakten und Fiktion

Regula Stämpfli über Trumps Chaos-Managment im April 2020: Fakten und Fiktion

In Europa sind viele Experten und Expertinnen über die hohen Beliebtheitswerte von Donald Trump verblüfft. Einmal mehr verkennen sie das „System Trump“, wie u.a. der „The Guardian“ schreibt.

schlagende zeilen

 

„Die Krise ist wie handgeschneidert für eine Figur wie Trump“ erklärt Robert Reich dem europäischen Publikum. Donald Trumps Karriere – so Robert Reich – basiert auf Chaos und Schuldzuweisungen. Der US-Präsident schaffe es brilliant, jede persönliche Verantwortung für die Nicht-Bewältigung der Corona-Krise anderen in die Schuhe zu schieben. Trumps Beliebtheitswerte steigen, egal wie sehr die Ärzteschaft, die globale Community und die Wissenschaftler Trumps Helikoptergeld-Strategie und Nicht-Intervention als lebensgefährlich entlarven.

Weshalb dem so ist, beantworte ich mit „Trumpism“ folgendermassen: Die Gegenwart lebt von Fiktionen, nicht Fakten. Donald Trump präsentiert sich immer als „Winner“, egal, was wirklich passiert. So kann der US-Präsident gar nicht an seinen Lügen, an seinen bizarren Auftritten oder gar an Fakten scheitern. Donald Trump scheitert nie. Es sei denn, sein Narrativ würde sprach- und bildmächtig auf die Prüfung gestellt. Bisher ist dies aber noch nie geschehen. Donald Trump bleibt der ewige Rebell, der im Chaos aufblüht.

Regula Stämpfli: Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt jetzt als e-Book erhältlich: Bestellen, Lesen, Diskutieren #Coronakrise

Regula Stämpfli: Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt jetzt als e-Book erhältlich: Bestellen, Lesen, Diskutieren #Coronakrise.

Als Einstieg in die Lektüre empfiehlt sich das Gespräch auf ORF zum selben Thema siehe https://www.youtube.com/watch?v=e8lhtNN7UFY

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Regula Stämpfli über “Corona und die Propheten”: Medienkritik

Corona und die Propheten

Zukunftsforscher reden sich den Mund fusselig über die Auswirkungen von Corona. Regula Stämpfli hat einige Statements prominenter Männer gesammelt und kommentiert.

Meine Lieblingszitate über die Zukunft stammen von Karl Valentin: „Früher war die Zukunft auch besser“ und von Mark Twain: „Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft“. Trotzdem sind selbst kafkaeske Männerpropheten in vielen Medien sehr beliebt.

Die Wellness-Prognose par excellence stammt von Matthias Horx, dessen Text in den sozialen Medien massenhaft geliked und geteilt wird. Zur Erinnerung: 2001 machte Horx mit „Internet wird doch kein Massenmedium“ Schlagzeilen. „Im Gegensatz zum einfachen Telefon oder einem Radio mit drei Knöpfen ist das www mehr denn je eine kompliziert zu bedienende Angelegenheit“ (General-Anzeiger, Bonn 4.3.1001). Seine Corona-Rückwärtsprognose dieser Tage: Die sozialen Verzichte würden zu „neuen Möglichkeitsräumen“ führen: Ähnlich dem „Intervallfasten“, wo das Essen nach 16stündiger Pause auch wieder besser schmecke. Ebenso werde die gesellschaftliche Höflichkeit nach Corona ansteigen und die Netzkommunikation werde sich nicht nach „Erreichbarkeit“, sondern an „Wirklichkeit“ orientieren, was immer dies auch heissen mag. Sehr süss auch die Prognose, dass sich die politische Korrektheit in Luft auflösen wird. So als ob Rassimus, Sexismus, Diskriminierung von Corona getroffen wie von selbst dahinsiechen würden. „System reset. Cool down! Musik auf den Balkonen! So geht Zukunft“ endet Horx optimistisch.

Der Co-Chef der deutschen Grünen, Robert Habeck, macht den Mann fürs Grobe: Corona transformiert den Schriftsteller in einen Untergangspropheten. „Ökonomisch droht es, noch dramatischer zu werden als die Finanzkrise 2008/2009.“ Der Politiker plädiert für alte sozialdemokratische Intervention: „Nach der Phase des Stillstands werden wir dann ein Rieseninvestitionspaket an den Start bringen müssen.“ Politisch ist er noch pessimistischer: „Es kann sein, dass wir im Stress der Krise unsolidarisch und egoistisch werden und ins Nationale verfallen.“ Weiter: „Es kann sein, dass Populismus und neuer Nationalismus gestärkt aus der Krise hervorgehen“ – quelle horreur!

Gut gibt es die NZZ am Sonntag und Sicherheitsexperten Theodor Winkler. Der behauptet nämlich das Gegenteil: „Populisten werden jetzt entlarvt, da sie keine Antworten haben“. Sein Rezept gegen Corona ist sein Buch aus dem Jahre 2017: „The Dark Side of Globalization. And How to Cope with It“, sprich: Zurück zu Nation, Bürgertum und heile Welt. Naja.

„Das Magazin“ färbt die Zukunft rosa: Ausgerechnet der ehemalige SRG-Direktor Roger de Weck meldet mit einem feministischen Werk zurück: „Der verlorene Kampf des mannhaften“ (Schreibweise im Original). De Weck posaunt das Ende aller „Reaktionären“ und den Sieg des Feminismus: „Die Parität kommt voran, wenn auch in verschiedenen Geschwindigkeiten je nach Land und Gesellschaft – und der Teenager Greta Thunberg verkörpert diese neue Selbstverständlichkeit. Die Reaktionäre scheitern zum Glück in ihrem Kampf gegen Gleichstellung. Wobei sie zu langsam scheitern.“ De Wecks Worte in Gendergöttins Ohr.

Auch Rutger Bregman, der von den Journalisten zum „wichtigsten jungen Denker“ ausgerufen wird, obwohl er punkto Ökonomie nur das zusammenfasst was die feministischen Ökonominnen zur Care-Wirtschaft schon längst festgestellt haben, meint, Corona werde „das Gute“ in den Menschen hervorrufen. (SZ 21./22. März 2020) Schliesslich bewiesen schon die Höhlenmalereien der Steinzeitmenschen, wie friedfertig sie sein können und wie schrecklich im Vergleich dazu die meisten Zivilisationen der Geschichte waren. Wenn es uns also gelingt, das Home-Office in eine Höhle aus der Zeit der Nomadenkulturen umzuwandeln, verwandelt sich das Virus schwuppdiwupp in eine: „Utopie für Realisten“… oder so.

download*Fazit: Spekulationen zu Post-Corona (wie alles eigentlich) verbreitet wie üblich Phantasmata alter und junger Männer, die die wichtigste weibliche Erkenntnis, dass Biologie ohne Politik nie zu haben ist, völlig verdrängen. Denn die neuen Viren der Moderne (HIV, Ebola, Sars, Mers, Corona et al) haben ihren Ursprung alle bei Tieren und den jeweiligen Gesellschaften. Wie und ob wir diese beiden Bereiche in Zeiten der Globalisierung bewältigen wird nun die Zukunft weisen.

copyright laStaempfli 26.3.2020

Regula Stämpfli über Virus-Krieg & Ausgangssperren: #Corona und die #Demokratie

18. März 2020 Virus-Krieg und Ausgangssperren: Corona und die Demokratie

Die Massnahmen werden immer martialischer. „A Letter From Wartime France“ titelt „The Atlantic“ über Emmanuel Macrons Auftritte zur Corona-Krise. Die Politphilosophin Regula Stämpfli, die u.a. in Paris unterrichtet, kommentiert die Corona-Krise medien- und demokratiekritisch.Zu Beginn der europäischen Corona-Krise, am Wochenende des 14. Februars, verkündete die amtierende Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, sie wolle jetzt kurzfristig für das Amt der Bürgermeisterin in Paris kandidieren.

Buzyn erzählt viel über Frankreich und seine Elite. Jetzt, wo die Katastrophe sichtbar wird, jetzt, wo die Pariser und Pariserinnen ihrer Freiheiten, ihrer Lebensqualität, ihrer sozialen Identitäten durch den von Macron ausgerufenen „Guerre“ beraubt werden, flieht die Haute Volée aus der Stadt in ihren Zweitsitz auf dem Lande. In Paris selber wird es immer ungemütlicher. Die Wohnungen sind winzig, ohne Flanieren, Cafés und Museen ist das Leben in Paris alles andere als chic. Kein Wunder war fast „tout Paris“ noch am Wochenende in den Parks. Präsident Macron wird deshalb immer martialischer in seiner Sprache: „Krieg, Krieg, Krieg“ wiederholt Präsident Macron mehrmals und denkt über eine Ausgangssperre nach. Zwar will „le président“ „keine Panik“ schüren, doch in Paris weiss man, was er meint: Die Stadt wird ihrer Lebensader beraubt.

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Nach den Terroranschlägen in Paris, strömten die Menschen erst recht in die Lokale. Die Botschaft war klar: Von den islamischen Terroristen lassen sich Pariser und Pariserinnen nicht ihre Lebensweise nehmen. Ähnlich die erste Reaktion auf die Corona-Krise: Die Parks waren in Paris voller fröhlicher Erwachsener und spielender Kinder.

Doch nun ist aller Spass vorbei und nur die Wenigsten benennen im Krieg, die ersten Gefallenen: Die bürgerlichen Freiheiten und die Demokratie. China gilt plötzlich allen westlichen Demokratien als Vorbild. Die Ausserkraftsetzung aller demokratischen Rechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit, auf Bildung, auf Berufsausübung, auf Gewerbefreiheit wird im deutschsprachigen Raum mit: „Ich scheiss auf die Demokratie“ beantwortet (TWITTER). Die meisten Medien sind Informationsblätter des Bundesamtes für Gesundheit und wildfremde Menschen bewachen freiwillig öffentliche Plätze, damit die Zusammenkunft von Menschen „aufs Minimum“ reduziert wird.

Was mit uns als Gesellschaft, als Demokratien, als Menschen passiert, die alle als lebensgefährlich eingeschätzt werden, muss dringend und offen diskutiert werden. Einfach die „Ausgangssperren“ zu begrüssen, wie dies in der progressiven Bubble durchaus üblich ist, blendet alle vergangenen Jahrhunderte, den Kampf um Demokratie, Partizipation und Gleichheit aus. Wir müssen jetzt unbedingt den politischen Ausnahmezustand diskutieren: Gerade weil wir die Massnahmen der sozialen Isolation und Quarantäne unterstützen. Denn die Botschaft muss eben auch sein: Das, was jetzt mit uns als Demokratie und Gesellschaft passiert ist inakzeptabel und nur der Not geschuldet.

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Das Schweigen der sonst so lauten Geisteswissenschaften ist hoch ansteckend und ein für die Demokratie gefährliches Virus. Seit Wochen werden wir in Europa einem autoritären, nationalstaatlichen Experiment mit ungewissen Ausgang unterworfen. Wie schnell alle Errungenschaften der Moderne angesichts einer Pandemie über den Haufen geworfen werden, erschüttert mich, selbst wenn ich alle Massnahmen nachvollziehe und unterstütze. Doch eines werde ich mir nie verbieten lassen, selbst bei einer Ausgangssperre nicht: Das kritische Denken.

 

Aus aktuellem Anlass: Regula Stämpfli postet zum internationalen Frauentag 2020

Im Jahre 2014 hielt ich in Schaffhausen eine Rede zum Internationalen Frauentag. Dies tat ich seit über zwanzig Jahren als “junge Feministin” bevor die “jungen Feministinnen” die Frauenfrage wieder dort ausgruben wo sie schon vor über 150 Jahren war….

Sarkasmus beiseite. Die Rede ist immer noch topaktuell, ebenso wie die Rede vor den ZDF-Frauen. Regula Stämpfli zum internationalen Frauentag siehe https://www.youtube.com/watch?v=wXguaNXwyQQ

Regula Stämpfli zu Frauen Macht und Bilder im ZDF siehe https://www.youtube.com/watch?v=wXguaNXwyQQ

Und hier der beste Kommentar aus der DIE ZEIT

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Regula Stämpfli über die Infodemie Corona 4. März 2020

Regula Stämpfli über die Infodemie Corona&China

Corona hält alle Medien in Atem. Krisenkommunikation, Hygiene-PR und Datenflut zu Neuansteckungen folgen sich im Hysterietakt. Was sind die unmittelbaren Auswirkungen von Medienrevolution und Virusinfektion?

Die Gesundheitsbehörden informieren so flächendeckend, dass das Gegenteil der Krisenkommunikation eintritt: Vorbei die Sicherheit, die Behörden hätten alles im Griff. Mittlerweile geraten auch ganz normale Menschen in Panik, von der Börse ganz zu schweigen. Die flächendeckenden Informationen, Updates, Katastrophenszenarien punkto Corona bewirken, dass die Menschen noch mehr vor ihren Bildschirmen sitzen und zuhause bleiben. Der Corona-Virus setzt das öffentliche Leben ziemlich schachmatt, wie die Bilder aus der VR China zeigen. Auch politisch wirkt Corona wie ein Virus auf bestehende Verhältnisse: Nicht nur Trump, sondern auch die Gesundheitsbehörden warnen vor Mobilität, vor Globalisierung. Die Vernetzung der Welt wird durch lokale „Gesundheit first“-Massnahmen massiv gebremst. In der VR China hat das Virus sogar die Kraft, die Überwachungsdiktatur unter der Führung von Xi Jinping zu Fall zu bringen. Die Regierungspropaganda China Daily zeigt, wie fragil das Regime geworden ist und titelt überraschenderweise ein Dementi: Die Corona-Krise sei keineswegs „Chinas Tschernobyl“. Dies lässt aufhorchen.

Link: 

https://www.chinadaily.com.cn/a/202002/21/WS5e4f12efa3101282172791cb.html

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Regula Stämpflis Kulturjahr in ensuite – Kultur und Kunst, was denn sonst? Februar 2020

Februar: Nackt. Die Kunst der Blösse

Der wohlgeformte Hintern glänzte überall: Von München nach Zürich bis zu seinem Ausstellungsort Basel. Das Antikenmuseum Basel und die Sammlung Ludwig besuchte ich nicht zuletzt wegen der überaus gelungenen Werbung für die Ausstellung „Nackt“. Die „Aphrodite Kallipygos“, mein Alter-Ego sozusagen, respektive „die mit dem schönen Hintern“, ist über 2100 Jahre alt und war zu Gast in diesem tollen Museum, das den Charme einer Welt von Gestern perfekt versprüht. Schade nur, dass das Museum viel zuwenig Veranstaltungen mit zeitgenössischen Kultur- und Politikwissenschaftlerinnen offeriert: Was hätten wir doch Spannendes zu erzählen! Allein über die österreichische „Venus von Willendorf“ würden neun Abende kaum reichen, soviel gäbe es über matriarchale Netzwerke und Modernität avant la lettre und jenseits des Machofeuilletons zu berichten. Die nackte Göttin war zu Beginn der Menschheit Verheissung von Fruchtbarkeit und Transformation. Doch schon bei den Schriftgelehrten in Ägypten bedeutete die Nacktheit Sklaverei. Mit der Schrift kam die Kleidung und damit fast ewige Hierarchie. Seitdem wird die Blösse von männlicher Macht dazu benutzt, Opfer zu kreieren: Opfer des Voyeurismus, Opfer der Schutzlosigkeit, Opfer sexueller Gewalt in unzähligen Bildern. Künstler sind leider oft erkennbar als willige Vollstrecker ikonographischer Dominanz: Von der Lust bis zum Tod.

Die Ausstellung war wirklich einzigartig und das „Antikenmuseum Basel und die Sammlung Ludwig“ verdienen jede Werbung. Und wer weiss: Vielleicht kommen die Verantwortlichen ja wirklich noch auf die Idee, die zeitgenössischen Denkerinnen zu einem neuen Reigen in die Räume voller göttlicher, antiker und nackter Botinnen der Inspiration zu laden. Ich wäre jedenfalls sofort dabei.

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