Regula Stämpfli: Von der Siegerkunst zum Siegerfeminismus. Essay im Magazin für Kunst und Kultur 10/2020

Regula Stämpfli: Von der Siegerkunst zum Siegerfeminismus. Essay. Wie die «Siegerkunst» den Fortschritt der Moderne für die Kunst rückgängig macht, verkehrt der «Siegerfeminismus» emanzipatorische Forderungen der Frauenbewegungen seit der Aufklärung in ihr Gegenteil.

Die Abstraktion via Diskurs in der Siegerkunst wiederholt sich im «Siegerfeminismus» (copyright Regula Stämpfli) . Der Zweck des «Siegerfeminismus» der Gegenwart liegt in der reinen Repräsentation. «Siegerfeminismus» ist seit «Sex» der Sängerin Madonna im Jahre 1992 zum Event, Happening, repräsentativen Klamauk, zum allen Ernst imitierenden Universitätsdiskurs mutiert; nicht um die soziale, kulturelle, ökonomische und politische Stellung aller Frauen zu fördern, sondern um sich mit dem Etikett «Frau» gleichzeitig den Gestus des Opfers und damit der Kritik und sozialen Anerkennung unter Progressiven anzueignen: Kritik wird durch Glamour und Bullshit erstickt.

siegerfeminismus muglerAvantgardistische Konzepte finden sich diskursiv und digital in den unzähligen Hyperlinks, deren Funktionen auf algorithmischen Mehrheitsgeschmack programmiert sind. Judith Butlers Hegemonie des abstrakten expressionistischen «Unbehagens der Geschlechter» entspricht eins zu eins der Auflösung der emanzipatorischen Moderne und formuliert bis heute das Programm des 21. Jahrhunderts: der digital vorangetriebene Revanchismus an der gesamten Moderne, der uns im Westen den Plattformkapitalismus und im Osten die Überwachungsdiktaturen gebracht hat. Die Auflösung der Geschlechter nach Judith Butler verfolgt den Zweck, nicht mehr zwischen Wirklichkeit und repräsentativer Funktion der Menschen unterscheiden zu wollen. Der Kampf gegen Sexismus und Diskriminierung findet nicht in der Wirklichkeit, sondern im Diskurs, auf Twitter, in Foren, an den Universitäten statt. Siegerkunst und Siegerfeminismus machen die Fortschritte von moderner Kunst und Frauenbewegung rückgängig mittels Radikalisierung repräsentativer Zustände, den «Orten des Sprechens». Waren moderne Kunst und Frauenbewegung bis zum «Gender Trouble» Befreiungsbewegungen, entkernen Siegerkunst und Siegerfeminismus Kunst und Gleichstellung von ihrer Befreiungskomponente. Deshalb mutiert im Siegerfeminismus bspw. Prostitution zur «Sexarbeit», deshalb wird der Hijab von SiegerfeministInnen als «selbst gewählte Mode» zelebriert.

 

Regula Stämpfli über eine Zukunft, die wie ein Emmentaler Käse codiert wird: DAS GROSSE DATENLOCH: DEMOCRACY DATA GAP: 9/2020

Regula Stämpfli über eine Zukunft, die wie ein Emmentaler Käse codiert wird: DAS GROSSE DATENLOCH: DEMOCRACY DATA GAP: 9/2020

«Digitale Demokratie» ist eigentlich ein Oxymoron: «Digital» ist künstlich, «Demokratie» hingegen weltlich. Aber die virtuelle Welt ist punkto Demokratie so löchrig wie ein Emmentaler-Käse. Was bisher «data bias» genannt wird, ist nicht nur eine codierte Voreingenommenheit, sondern ein methodisches Lücken- werk, das die wirkliche Welt auf ideologische Krücken stellt. Die politische Philosophin Regula Stämpfli fordert in ihrem Artikel, dass nicht die Demokratie digitalisiert, sondern die Digitalisierung endlich demokratisiert wird.

In: swissfuture, 50 jahre, die zukunft der zukunft, die methoden der zukunft. Heft bestellen bei swissfuture@swissfuture.ch oder pdf auf Bild klicken. 

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Regula Stämpfli über Souveränität, Ausnahmezustand & Trumpism anlässlich des Todes von Ruth Bader Ginsburg, 9/2020

Regula Stämpfli über Souveränität, Ausnahmezustand & Trumpism, 28.9.2020

Das politische Denken der jüdischen Theoretikerin Hannah Arendt prägt mein Werk des 21. Jahrhunderts. In meiner, Ende 2018 veröffentlichten Theorie:  “Trumpism. Ein Phänomen verändert die Welt”, definiere ich u.a. codebasierte Narrative und deren politische Wirkung. “Twittercodes” sind nicht nur neue Kommunikationsformen, sondern entsprechen in ihrer Programmierung einer Neuauflage des  NS-Kronjuristen, Staatsrechtlers (bis heute gelehrt und verehrt) Carl Schmitt . Dieser definierte fälschlicherweise Politik als “Identität zwischen Regierenden und Regierten”, den Slogan aller Rechtsextremen und Rechtspopulisten. Die Story-Maschine Twitter und der alte Staatsrechtler definieren darüber hinaus, alle menschlichen und politischen Zustände als “Souveränität” eines maschinen- oder historisch antisemitischen mörderisch-getriebenen Narratives eines “Ausnahmezustandes”. Je stärker die Ausnahme, umso übler der Trend. buchcover hannah arendtTwitter puscht mit Codes, Bots, Hyperlinks, Hashtags ständig emotionale Aussergewöhnlichkeit, transformiert politische Debatten in Biopolitiken und produziert permanente kommunikative Revolution. Tweets sind nichts anderes als Onlinedekrete, die gewiefte Politiker wie staatsrechtliche Waffen einsetzen. Mittels Empörungsbewirtschaftung lenken sie so die unterdotierten Medien von den wirklich relevanten Themen ab. “Trumpism” ist in meinem Werk nur bedingt mit der Person des gleichen Namens, dafür umso mehr mit den medienspezifischen Wirkungen desselben verknüpft. 

Während sich auf Twitter links und rechts erbittert bekämpfen – die Linken gerne auch selbstmörderisch und in bekannter Tradition die eigenen Reihen säubernd – konzentrierten sich die Schergen der Macht auf das Wesentliche. Von Barack Obama und seinen Supportern völlig übersehen, gelang es Mitch McConnell, dem Senatsleader der Republikaner, die entscheidenden Stellen in den Bundesgerichten mit Antidemokraten, Konservativen, Sektenführer, White Supremacists, respektive den diesen Kräften sehr freundlich gegenüberstehenden Juristen und Juristinnen, zu besetzen. Über 200 derartige Richter sind unter Trump auf Lebenszeit bestätigt worden. Trumpism bedeutet eben nicht nur die Öffnung für Grabscher, vulgäre, unaufrichtige, nihilistische und rassistische Politik, sondern die Machtergreifung durch den Marsch der Institutionen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil Männer Männer zitieren und damit die wesentlichen Sachbücher von Frauen verpassen und sie, wenn überhaupt, erst Jahrzehnte nach deren Tod ergriffen rezipieren, interpretieren und im Falle von Hannah Arendt darüber hinaus gerne verkitschen, wie dies in der Ausstellung in Berlin der Fall ist. Hätte mann nur mal Martha Nussbaum, Naomi Klein und auch meine Schriften gelesen, sauber zitiert und verstanden, mann wäre nicht nur punkto Narrativ, sondern auch punkto Demokratie viel weiter als dies leider im September 2020 der Fall ist. 

Regula Stämpfli: Die Demokratisierung der Digitalisierung ist Gebot der Stunde. It´s the codes, stupid! Konferenz Digital.Macht. Demokratie vom 23.9.2020

Regula Stämpfli: Die Demokratisierung der Digitalisierung ist Gebot der Stunde. It´s the codes, stupid! Konferenz Digital. Macht. Demokratie vom 23.9.2020. 

DemokratieMachtDigital 23Sept

Die digitale Reovlution erzählt bis heute nichts von der Leih- und Sklavenarbeit, die der Plattformkapitalismus hervorbringt, sie berichten nicht über die Müllberge und den immensen Stromverbrauch, sie verdrängen die als Kohlestofflager missbrauchte Luft, sie verdrängen die psychischen Probleme der Moderne nicht nur, sondern sie induzieren sie. Deshalb reagieren Menschen auf solche totalitären Ansätze mit Kulten der Verletzlichkeit, der Empörung, der falschen Verdächtigung der Mitmenschen statt der die Menschen hasserfüllenden Maschinen zu kritisieren. Geschickt an allen Diskussionen um die Eroberung der Welt als Code ist, dass die Producer, die Herrscher, die als Personen durchaus Menschen wie Sie oder ich sind, jede Kritik als technophob, als altmodisch, als vorgestrig, als hinterwäldnerisch bezeichnen und somit jede Gegenwehr im Keim ersticken.

Regula Stämpfli Vorlesung: “Post-Corona. Über die Biopolitik der Moderne” an der Universität St. Gallen ab 15. Oktober 2020

Regula Stämpfli Vorlesung: “Post-Corona. Über die Biopolitik der Moderne” an der Universität St. Gallen ab 15. Oktober 2020. Die Vorlesung beschäftigt sich mit der Biopolitik der Moderne. Schon Thomas Hobbes definierte die Kontrolle über alle Lebewesen als Kern des staatlichen Gewaltmonopols. Machtverhältnisse schreiben sich in den menschlichen Körper ein: Corona lässt grüssen. Die Vorlesung geht von Hannah Arendt über Hobbes, Huxley, Foucault und Christina von Braun zu den “Fakten der Natur”. Eines ist laStaempfli klar: “Biologie ist nie ohne Politik zu haben.”

PRESSETEXT UNIVERSITÄT ST. GALLEN

biopolitik vorlesung st.gallen2020

laStaempfli, swissfuture, TA-Swiss: Demokratisierung der Digitalisierung

#–§– 0/1 Digital. Macht. Demokratie.
Zukunftskonferenz

„Der Mensch ist frei geboren, doch heute liegt er schon vor der Geburt in eng geschnürten Datenpaketen“ (laStaempfli)ensuite_213_September_2020-Anzeige.

Alle reden von „Digitaler Demokratie“, wir DEMOKRATISIEREN DIE DIGITALISIERUNG. Wer? Swissfuture & TA SWISS. Wo? Im Museum für Kommunikation Bern, Schweiz. Wann? 23.9.2020, 12.30-19.30 Uhr. Abendessen inklusive. Anmeldung? future@swissfuture.ch Tel: 041 240 63 33.

Isabel Rohner & Regula Stämpfli: Antifeminismus. Ein Jahrhunderte altes Thema.

Isabel Rohner & Regula Stämpfli: Antifeminismus – ein jahrhundertealtes Thema.

Wie rechte Demokratiefeinde – aktuell auch bei den Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen Platz in den Medien und sogar auf der Treppe zum Bundestag einnehmen. Wie „Cordula und Peter“ als Impfgegnerschaften und „Normalos“ neben Rechtsextremen laufen und sich dafür nicht schämen. Weshalb Antidemokraten immer Antifeministen sind. Die Rohnerin weist darauf hin:  Attentäter sind immer Antifeministen sind: Frauenhass als politische Gegenwartsströmung. Die Mörder einigt ein grosses Thema.Und last but not least: Die glorreiche Kategorisierung der Antifeministen nach Hedwig Dohm und der Rohnerin.

Hören Sie rein in eine der komplexesten Folgen unseres Podcasts.

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Regula Stämpfli empfiehlt Maja Göpels “Die Welt neu denken”: Fortschritt? Ja, welcher denn und wann endlich?”

Regula Stämpfli empfiehlt Maja Göpels “Die Welt neu denken”: Fortschritt? Ja, welcher denn und wann endlich?” Wenn eine Frau wirklich Kluges sagt und trotzdem die Männer eingeladen werden… 

Die führenden Ökonomen der letzten 50 Jahre gründeten ihre Propaganda auf der richtigen Annahme, dass Staaten, Experten, Manager dazu gebracht werden können, die unglaublichsten Theorien zu akzeptieren. Und diese, selbst wenn viele kluge Köpfe kommen und sie von der Unrichtigkeit überzeugen, einfach so weitermachen wie bisher, weil Menschen, selbst wenn sie wissen, dass sie Lügen vertreten, diese immer noch verteidigen.

Maja Göpel hat «Die Welt anders denken» geschrieben, ein wirklich gutes Buch. Sie ist Ökonomin, Nachhaltigkeitswissenschaftlerin und arbeitet als Generalsekretärin des WBG (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) in Deutschland. Sie gründete mit den Fridays for Future die «Scientists for Future». Das Buch war ein Bestseller, trotz dem echt schrecklichen Cover, das eher wie ein Selbsthilfe-Schlager aus den 1950er-Jahren daherkommt. Anders als ihre männlichen Kollegen Harald Welzer und Rutger Bregman wird die Expertin für ökologische Wirtschaftstheorie kaum in deutsche Sendungen eingeladen. In Deutschland dominieren die Männer alle Debatten in einem Masse, dass selbst die arrivierte Schauspielerin und Gattin von Hubert Burda, Maria Furtwängler, zusammen mit ihrer Tochter Elisabeth Furtwängler eine Stiftung gegründet hat, die in regelmässigen Abständen Studien zur Frauendiskriminierung in den Medien liefert. «Männer erklären, wie systemrelevant Frauen sind», fasst die Forscherin Elizabeth Prommer die neusten Ergebnisse zur Corona-Krise und deren Weltendeuter zusammen.

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Regula Stämpfli & Isabel Rohner in #DiePodcastin über Karrieretipps für Frauen

Frauenkarrieren:

Die Podcastin ist eine Frauenkarriere: Isabel Rohner und Regula Stämpfli verhalten sich digital. Sie kennen sich nicht persönlich, haben sich noch nie getroffen, sie denken zusammen. Dies ist normalerweise eher Männersache. Frauenkarrieren bewegen sich immer zwischen Haben und Sein. Frauen müssen seit Jahrhunderten beweisen, dass sie Menschen sind. Männer durften sich bisher immer wieder anderen Themen widmen. laStaempfli erklärt die wesentlichen Hürden im digitalen Bereich für sog. Frauenthemen: Der Apple-Kredit-Bias. Frauen kriegen aufgrund von Algorithmen eine weit geringere Kreditlimite als Männer. Inputdaten-Problem: Frauen, die in social media nicht ihren Körper verkaufen oder Lebenshilfe verkaufen, werden von den Codes nicht gepuscht.

Buchtipp: Kenza Ait Si Abbou: Keine P@nik, ist nur Technik. Warum man auf Algorithmen super tanzen kann und wie wir ihnen den Takt vorgeben.

Hinweis: Es gab ab und an technische Verzögerungen:Bitte entschuldigen Sie. Wir geben ja den Codes die Schuld….

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