Regula Stämpfli über den weiblichen Chefetagenwechsel in der TAZ

Wenn Frauen in Chefetagen ein böses Omen sind

Regula Stämpfli über den weiblichen Chefetagenwechsel in der TAZ

hannah und ich

Die Zeitungsbranche schaut in den Abgrund und dann dies: „Lauter Frauen in der TAZ“. So lautet die Schlagzeile, hinter der eigentlich nur ein Wechsel in den Chefetagen der Berliner Tageszeitung beschrieben wird.

Die Freude über den Feminisierungsschub wird sich in Grenzen halten. Denn seit Hannah Arendt wissen wir, dass „die Anderen“ sich gegenüber der Mehrheitskultur nur als Parvenü (Emporkömmling) oder als Paria (Aussenseiter) bewähren können. Allein das „lauter Frauen“ zeigt wie unnatürlich, anormal, erwähnenswert es ist, in Chefetagen Menschen anzutreffen, die einen Menstruationshintergrund haben.

Machtverlust in einer Branche war schon immer ein Feminisierungsbooster. Die europäischen Armeen erhielten die erste VerteidigungsministerINNEN zu einem Zeitpunkt als die klassischen Streitkräfte schon längst Auslaufmodelle waren. Die demokratischen Volksparteien wählten erst dann eine Frau an ihre Spitze als die Umfragewerte am Boden lagen oder Reinemache angesagt war. Die Europäische Union bekam erst dann eine PräsidentIN als ihr Niedergang schon längst nicht mehr zu übersehen war.

In den nächsten Monaten werden unheimlich viel Frauen in Positionen aufzufinden sein, die Institutionen, Organisationen und Betrieben angehören, die in der Abwärtsspirale stecken. Viele Feministinnen werden „Fortschritt“ rufen, ohne die Phänomenologie deuten zu können. Unterdessen formieren sich neue Branchen, der Blick ins Silicon Valley und nach Beijing genügt: Männer versammelt Euch! Denn das Weltgesetz lautet: Je mehr Frauen in einem Beruf, einer Institution, einer Organisation, einer Gesellschaft, umso weniger Macht, Einfluss, Geld, Gestaltungsraum und Freiheit.