Regula Staempfli als Denkerin der Widerstände: Was spricht laut Batya Ungar-Sargon, Autorin von “Second Class: How the Elites betrayed America’s Working Class” FÜR die erratische Steuerpolitik von Donald Trump?

Regula Staempfli in Essay zu Trump und die USA.
Regula Staempfli in Essay zu Trump und die USA.

Weshalb Trumps erratische Steuerpolitik ein Desaster ist, wird in allen guten Zeitschriften, Magazinen und Nachrichten erklärt. Deshalb hier die Frage, wie es denn kommen kann, dass Trump und seine Truppe weitermacht. Irgendwer muss ihn ja in seiner Position bestärken. Deshalb widme ich mich hier den intellektuellen Vorreitern von linkspopulistisch, die an Trumps Antiglobalisierungsstrategie durchaus Positives sehen. Zudem vergleiche ich Trumps Antiglobalisierung mit dem Brexit: Den Menschen ist das Gefühl, das Politiker mittlerweile codiert rüberbringen wichtiger als die Realpolitik.

In den USA sind, unbemerkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz, viele spannende Diskussionsbücher auf dem Markt, die völlig neue Ansätze bringen. Dies war mit “White Trash” von Nancy Isenberg 2017 der Fall und dies triffft auch auf Batya Ungar-Sargons Buch über die “Second Class: How the Elites betrayed America’s Working Class” zu. laStaempfli hat schon im Jahr 2009 einen der wichtigsten Kritiken zur Globalisierung und zur Wall Street-Politik von Barack Obama sowie zum Verrat der sozialdemokratischen Wohlstandsideale geschrieben: https://global-labour.info/de/wp-content/uploads/sites/4/2018/09/St%C3%A4mpfli-Atlas.pdf

Wenn man Batya Ungar-Sargon folgt (die aus einer wirtschaftspopulistischen, arbeiterklassenfreundlichen Perspektive argumentiert), dann kann man tatsächlich fünf gute Argumente finden, die für Trumps erratische Steuerpolitik sprechen – also nicht im Sinne neoliberaler Kohärenz, sondern als gezielte Störung eines Systems, das ohnehin nicht funktioniert hat. Wer genau hinschaut, realisiert: Trump macht aus der Wall Street kurzfristig Gurkensalat und beschwört rhetorisch die Main Street. Trump ist diesbezüglich der Gegenentwurf zu Barack Obama, der für die Main Street gewählt wurde, aber ausschliesslich für die globalen Eliten & Wall Street Politik machte. Aus Barack Obamas Zeit stammt auch die NSA-Überwachung, die Edward Snowden aufgedeckt hat; Edward Snowden, der mit aller Härte von Barack Obama verfolgt wurde.

·  Zerstörung elitärer Steuerdogmen zugunsten der Arbeiterklasse
Trumps Steuerpolitik brach mit jahrzehntelangem Konsens, wonach nur gut geplante, “expertengeprüfte” Maßnahmen legitime Steuerreformen darstellen. Durch diese „erratische“ Herangehensweise wurden konservative wie neoliberale Eliten gleichermaßen schockiert – und das öffnete einen politischen Raum für die ökonomischen Sorgen der unteren Mittelschicht, die sich in keiner Expertenrunde wiederfand.

·  Direkte Steuererleichterung für Teile der Arbeiterklasse
Während klassische Steuerpolitik oft in abstrakten Umverteilungslogiken verharrt, setzte Trump auf sichtbare, spürbare Entlastungen, z. B. durch Anhebung des Standardabzugs. Zwar profitierten auch Reiche, aber viele working class families hatten plötzlich ein paar hundert Dollar mehr im Monat – was für Menschen am Rand der Armut eben keine Peanuts sind.

·  Stärkung lokaler Wirtschaftskreisläufe durch protektionistische Impulse
Zwar chaotisch umgesetzt, zielte Trumps Steuer- und Zollpolitik darauf ab, US-Produktion wieder zu beleben. Batya argumentiert, dass selbst inkonsistente Maßnahmen in dieser Richtung – wie Strafzölle und Steuererleichterungen für Rückverlagerung von Jobs – ein Signal an die abgehängten Industriezonen waren: “Wir sehen euch.”

·  Subjektive Wahrnehmung von Handlungsfähigkeit gegen das Gefühl politischer Ohnmacht
Für viele Amerikaner*innen zählt weniger die technische Logik von Steuerpolitik, sondern das Gefühl, dass jemand endlich etwas macht – im Gegensatz zu den jahrzehntelangen leeren Versprechungen des Establishments. Trumps Unberechenbarkeit wurde so zur Tugend, als Anti-Establishment-Machtakt. · 

Dekonstruktion globalistischer Finanzabkommen als Form des ökonomischen Nationalismus
In Batyas Perspektive ist Globalismus ein Projekt der kosmopolitischen Eliten, von dem Arbeitende nur Nachteile hatten. Trumps inkohärente Steuer- und Zollpolitik entzog diesen Abkommen das Vertrauen – auch wenn es nicht durchdacht war, wurde ein klarer Kurs markiert: America First bedeutete eben auch: Worker First, wenn auch nur rhetorisch