Wo Frau steht, steckt Frau drin. Zur Geschichte von Künstlerinnen – von Regula Stämpfli, laStaempfli

“Die in Zürich geborene Binia Bill schloss zunächst eine Ausbildung als Konzert- cellistin an der École Normale de Musique in Paris ab, wo sie u.a. bei Pablo Casals (1876–1973) studierte. Im Jahr 1930 zog sie nach Berlin und besuchte die Fotoklasse bei Lucia Moholy (1894–1989) an der Itten-Schule. Im darauffolgenden Jahr heiratete sie Max Bill (1908–1994) und führte mit ihm zusammen Werbeaufträge aus. Bald darauf wurde sie Mitglied des Schweizerischen Werkbundes (SWB) und publizierte regelmässig in der Zeitschrift Föhn – Schweizer Magazin. Nach der Geburt ihres Sohnes Jakob im Jahr 1942 gab sie den Beruf als Fotografin auf. In der Folge fertigte sie unzählige fotografische Aufnahmen der Arbeiten Max Bills und schuf auf diese Weise ein reiches künstlerisches Archiv von Werkdoku-mentationen konkreter Kunst. In zahlreichen privaten Fotografien, in denen sie sich auf Stillleben, Blumenbilder und Porträts konzentrierte, inszenierte sie zudem das moderne Familienleben. Sie starb mit 83 Jahren in Zürich.” So klingen die nüchternen Beschreibungen der umwerfenden Künstlerinnen, die in ihrer Zeit bekannt, als jung promoted und dann vergessen wurden. Regula Stämpfli hat die Ausstellung mit grossem Gewinn besucht, war aber über den dazugehörigen Katalog enorm enttäuscht. Hier der Artikel im Link: https://www.ensuite.ch/wo-frau-steht-steckt-frau-drin/

Regula Staempfli kritisch: “In der Aarauer Ausstellung fehlen solche zeitgenössischen Zusammenhänge schmerzlich. Es fehlen entscheidende Positionen wie die von «Hulda Zwingli», geboren 2019 anlässlich des Frauenstreiks. «Hulda Zwingli» ist Digitalkünstlerin, Feministin, Netzwerke kreierend und gehört zu den genausten Kunsthistorikerinnen, Kritikerinnen, Frauen- und Genderartisten unserer Zeit, national und international mit wachsendem Einfluss. Sie hätte der Ausstellung gutgetan – in jeder Hinsicht. Elisabeth Bronfen hat zwar die Künstlerinnen geschickt gruppiert, doch mit ihren Interviews und dem Ausstellungskatalog deren Werke banalisiert. Bronfen erzählt zudem viel Falsches zu «Frauen und Kunst». Auf die Frage, weshalb sich die Ausstellung auf Kunst zwischen 1970 und 1990 beschränke, meint sie: «Damals traten die ersten Künstlerinnen in Erscheinung, die von den Schweizer Gewerbeschulen und Kunstakademien kamen.» (Kultur-Tipp, 18.8.2022) Wie bitte? Nein. Falsch. Schweizer Künstlerinnen treten seit Jahrhunderten in Erscheinung, an der SAFFA (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) 1928 auch solche, die Gewerbeschulen und Kunstakademien entweder selber gegründet oder abgeschlossen hatten. Solche Sätze zeugen von der Unsitte, bei Frauen immer «die Ersten» festmachen zu wollen wie kürzlich auf Twitter, wo eine Userin und Expertin für den Deutschlandfunk meinte: «Die iranische Revolution ist die erste feministische Revolution» – wenn feministische Revolutionen mit Blut und Tränen für das weibliche Wahl- und Stimmrecht sowie für die Aufhebung der Sklaverei weltweit gefochten wurden! Warum nur meinen Frauen – und Männer – immer wieder, sie müssten Frauen der Vergangenheit lächerlich machen, sie als Masse entpersonalisieren und deren politischen Kampf aus der Position der Abhängigkeit heraus abwerten? Zum Glück sprechen in Aarau die Künstlerinnen durch ihr starkes Werk tausendmal inspirierender als im dazugehörigen mageren Text.” In Ensuite November 2022.

#diepodastin: Regula Staempfli & Isabel Rohner in ihrer Weihnachtsfolge mit Jahresrückblick 2022 & neuer Sprechakttheorie.

#diepodcastin weihnächtelt& hanukkah sameach: Isabel Rohner & Regula Stämpfli mit Katarpatriarchat, vielen Feminismen wie IranRevolution2022, Simone Leigh, Hedwig Dohm & neuer Theorie zu “Sprechaktfrauen” im Unterschied zu Transfrauen.“Auf das Gute in der Welt – auf die Frauen!” Mit diesem Zitat von Isabel Rohner leitet “Die Podcastin” ihre Weihnachtsfolge ein – und hat viele hoffnungsfrohe Meldungen und erneut bahnbrechende Erkenntnisse im Gepäck!Sehr lustig ist der Beginn als laStaempfli kurz ihre neue Meditationserfahrung erwähnt und die Rohnerin feststellt, dass sie immer im Flow ist: laStaempfli weiss schon länger, dass sie ihre Neurosen eher beachten muss als die geerdete und wundervoll klare Rohnerin. Dann folgt die Einbürgerungsstory laStaempfli und Isabel Rohner erzählt ihre Einbürgerungsgeschichte, womit #diepodcastin damit der Bedeutung der Demokratie huldigt.Dann geht es von der anstehenden WM der Fußballerinnen 2023, über Equal Pay gegen Enteignung durch Sexismus, über die Sichtbarkeit iranischer Expertinnen und #IranRevolution, eingebracht von der Rohnerin zu laStaempflis Laudatio an die umwerfende Künstlerin Simone Leigh aus den USA (1967 in Chicago als Tochter einer jamaikanischen Missionarsfamilie geboren): Die amerikanische Künstlerin wurde an der bisher besten Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet; ihre Quelle, Recherche, ihre “Conversations” laufen über die Körperlichkeit schwarzer Frauen – umwerfend gross, schön, erschütternd, inspirierend, weltverändernd. She is America, das dürfen wir nie vergessen, betont laStaempfli – denn der grassierende Amerikahass vieler fortschrittlicher Europäerinnen geht ihr schrecklich auf den Keks und ist diesem grossen Land mit diesen grossen Menschen nicht angemessen. Simone Leigh ist das feministische Gegenstück zur Auflösung des Körpers, weil sie zeigt, dass es am Körper ist, geschunden, versklavt, unterdrückt zu werden mittels Ideen, Ideologien, Religionen, Codes. Sie zeigt, dass die Befreiung über den Körper läuft.

Link zum Podcast: https://diepodcastin.de/2022/12/24/diepodcastin-weihnachtelt-hanukkah-sameach-isabel-rohner-regula-stampfli-mit-katarpatriarchat-vielen-feminismen-wie-iranrevolution2022-simone-leigh-hedwig-dohm-neuer-theorie-zu-sprechaktfr/

Womit wir dann bei einem dieser besonderen Momente in #diepodcastin angelangt wären. Die Podcastin ist nicht einfach ein Podcast, sondern wirklich DIEPODCASTIN, die sprechend denkt & zwar im Kollektiv der zwei grossen Frauen, die das Projekt vor zweieinhalb Jahren gestartet haben: Als die Rohnerin von der wunderbaren Aktion von JK Rowling erzählt, die in Edinburgh “Beira’s Place” gegründet hat, ein Support Service Center für Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, empfindet laStaempfli grosses Unbehagen, weil Transfrauen als Kategorie in alles hineingepresst werden, während es Transfrauen gibt, die Frauen sind und dann – jetzt kommt es – DIE SPRECHAKTFRAUEN. Biologische Männer also, die überhaupt kein Frausein, ausser den äusseren Insignien von Frauen in Anspruch nehmen wollen, sich Frauenräume bemächtigen und diese ausnutzen und den Frauen generell ein Verbot erteilen wollen, über ihre Frau, Freiheit und Leben zu entscheiden. Deshalb: Lasst uns in Zukunft unterscheiden zwischen Transfrauen und Sprechaktfrauen. Transfrauen sind Frauen, sie sind biologische Frauen, sie haben das Mannsein auch biologisch, hinter sich gelassen. Sprechaktfrauen sind Männer mit männlicher Pubertät und ohne Frauenkörper, die sich das Frau-Sein aus Opportunitätsgründen via Sprechakt aneignen und allen Frauen die geschützten Räume streitig machen wollen. Sprechaktfrauen erklären sich aus Opportunität, Fetisch, patriarchaler Macht als Frauen.  “So holen wir uns unsere Sprache zurück, hin zu mehr Gerechtigkeit für alle Frauen” , konstatiert die Rohnerin klug. #diepodcastin feiert: Die Podcastin gibt es nun 2 1/2 Jahre! Und wir haben in dieser Zeit ganz schön viel erreicht – oder wie uns eine Leserin just letzte Woche schrieb: “Meiner Meinung nach seid ihr der einzig wirklich hörenswerte feministische Podcast im deutschsprachigen Raum!” Vielen Dank dafür! Wir wünschen allen Hörerinnen und Hörern happy Season, Frohe Festtage und viel Licht in der dunklen Zeit – laStaempfli fügt dies als spirituell Inspirierte in diesen Tagen immer gern an. Das Bild “Conspiracy” ist von Simone Leigh and Madeleine Hunt-Ehrlich. Ein Video, das Leigh und Hunt-Ehrlich über die Amerikanische Bildhauerin Ruth Inge Hardison als Inspiration und Konzentration einer “Site of Labor and care” – #diepodcastin fand dies passend, weil #diepodcastin sich auch als Labor und Pflege feministischer LebensDenkensHandelns versteht.

Simone Leigh an der Biennale Venedig 2022: Fotografiert aus Katalog. laStaempfli is overwhelmed by this great artist.

Regula Stämpfli zum 100. Geburtstag von Georg Kreisler in Kultur- und Kunstmagazin “ensuite”.

Leider kennen – außerhalb von Wien und München – viel zu wenig Menschen  den großen Georg Kreisler, deshalb unbedingt an alle: Besorgt Euch seine Platten, lest seine Bücher, lacht mit ihm auf YouTube. Dort gibt es fantastische Aufnahmen des unterirdisch komischen «Taubenvergiften im Park». Oder den Song gegen Franz-Josef Strauss: «Suchen Sie Beistand, dann habe ich ein Nacktbild von Goebbels für Sie./Suchen Sie Hoffnung, dasnn habe ich den Stadtplan von Stettin.» Die Deutschen mögen ihn immer noch nicht wirklich, den Kreisler meine ich, und die Juden eh nicht, wie die documenta15 in bitterster Weise dokumentierte, bevor Leute wie ich diese als das entlarvten, was sie von Beginn weg war: Voller Hass und ureuropäischen Antisemitismus in postkolonialem Kostüm, «plus ça change, plus c’est la même chose».

Georg Kreisler wurde als 15jähriger aus Wien gejagt, mit großen J im Pass, erfunden von den Schweizern übrigens, und er entkam nur dank seinen Eltern, die in die USA flohen. In Amerika komponierte Kreisler seine ersten Lieder: «Chaplin singt ihm Melodien vor, Kreisler schreibt die zugehörigen Noten, reicht sie an Hanns Eisler weiter, der daraus Filmmusik macht» (SZ, 18. Juli 2022). Bei den Nürnberger Prozessen amtiert er als Übersetzer, um sich dann als Künstler wieder in Europa niederzulassen.

Zitat: «Du darfst rauben oder stehlen, blinde Hunde quälen, Du wirst sehn, die Polizei bleibt ziemlich lax, auch beim Erpressen, beim Plündern wird sie Dich nicht hindern, aber sag nie etwas Schlechtes über MAX.»

Regula Stämpfli hat mit Max Frisch schon einmal abgerechnet und zwar indem sie HOMO FABER feministisch umschrieb, siehe https://www.ensuite.ch/wer-sehgewohnheiten-veraendert-durchbricht-die-blindspirale-gynae-faber-ein-kurzbericht/ Nun also ein DENKMAL FÜR GEORG KREISLER UND EIN STURZ VON MAX FRISCH:

HIER DER LINK ZUM HEFT https://www.ensuite.ch/georg-kreisler-jubilaeum-und-max-frischs-antisemitismus/

Regula Stämpfli über die Angst, nicht zu gefallen.

Regula Stämpfli hat mit der “Die Vermessung der Frau” ein Grundlagenwerk über Codes, Algorithmen, Kilo- und Jahrgangsverhältnis geschrieben. Dies schon 2013. Unterdessen ist der Druck, zu gefallen, noch gestiegen. Hier ein Essay von laStaempfli in ensuite – Zeitschrift zu Kunst und Kultur. https://www.ensuite.ch/zum-sterben-schoen-von-der-angst-nicht-zu-gefallen/

Ein Gespenst geht um: die Angst, nicht zu gefallen. Es gibt unzählige Bücher zum Thema, darunter leider kaum wirklich gute. «Mythos Schönheit» von Naomi Wolf ist sicherlich ein Standardwerk, ebenso wie «Fat Is a Feminist Issue» von Susie Orbach oder «Der Preis des Geldes» von Christina von Braun. All diese Werke fehlen im Literatur- und Kunstkanon. Ebenso wie John Bergers «Sehen», das zwar millionenfach gekauft, aber wenig gelehrt wird. Zitiert in den Medien werden unzählige profane Experten und neue Autorinnen, die entsetzlich viel dummes Zeugs zum Thema veröffentlichen. Auch Umberto Eco mit seinem wunderschönen Band zur Bellezza, die typischerweise sowohl den Überbegriff als auch eine schöne Frau bezeichnet, gehört dazu. Der Semiotiker ist zwar ein Gigant punkto Zeichen in Bild und Sprache. Doch er behauptet die ewig gültigen Normen von Schönheit. Dabei wüsste er es doch besser! (…) Weiterlesen von laStaempfli über “Zum Sterben schön” im ensuite.

1.12.2014 – zu Gast bei tvo

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