Sexismus ist Enteignung: Regula Stämpfli über die Angriffe im Tagesanzeiger gegen eine bekannte Kabarettistin 3.4.2022.

KLEIN REPORT VOM 3.4.2022 SEE http://www.kleinreport.ch/news/mediensexismus-enteignet-99253/

Ein Jahr nach dem «#MediaToo»-Skandal im Hause «Tages-Anzeiger» sitzen die Machos fester denn je in ihren Sesseln. Im März 2021 warfen 78 Journalistinnen in einem offenen Brief dem «Tages-Anzeiger» des Tamedia-Verlags (TX Group) strukturelle Diskriminierung, Sexismus und Lohnungleichheit vor. Ein Jahr später haut ein Starautor des Blattes, seit 37 Jahren fest angestellt, jetzt nur noch als freier Autor tätig, ein durch und durch sexistisches Porträt mit dem Titel «Diese Frau nervt» in die Tasten.

Ein Kommentar für den Klein Report der Politologin, Bestsellerautorin & Podcasterin (#diepodcastin) Regula Stämpfli.

2020 twitterte die Starkabarettistin, politische Autorin und veritables Wortgenie Patti Basler: «Lass es mich dir als Erziehungswissenschaftlerin sagen: Der Blick des Kindes geht zur Bezugsperson. Das kann auch der Vater sein. 1950 hat angerufen und gefragt, ob wir den Vaterschaftsurlaub schon hätten. #2020 #Gerngeschehen.» Dies, weil Jean-Martin Büttner ein Mama-Heulstück erster Güte publiziert hatte. Der Tweet von Patti Basler war witzig, der Artikel von Jean-Martin Büttner zwei Jahre später, überhaupt nicht. Mit «Diese Frau nervt» (von Zürich über Basel bis Bern und darüber hinaus verteilt) greift Jean-Martin Büttner Patti Basler sowohl als Person massiv an sowie auch ihr Geschäftsmodell. Büttners Porträt über Patti Basler ist keine Beschreibung, sondern ein Ausbruch der eigenen Gefühle: Ihn nervt Patti Basler derart, dass er einen Text mit dem Ziel, maximalen Schaden anzurichten, verfasst – Begleitbild inklusive.

Einige strukturelle Muster gefällig? Sie sei «dauerpräsent», sie sei «selbstgerecht», sie sei eine «systematische Dutzerin» – als ob sich irgendwer in der Schweizer Promiszene NICHT duzen würde und – wait for it – «sie hat zu allem eine Meinung». Wo kommen wir denn hin, wenn Frauen eine Meinung haben, nicht wahr? (Ironiedetektor einschalten.)

Dies ist kein Ausrutscher Büttners, sondern solche Sexismen haben System. Jede Intellektuelle, jede prominente Frau in der Schweiz hat diese Männer-Medienkumpanei schon erleben müssen – einige haben die Attacken nicht überlebt. Der jüngste Fall war Patrizia Laeri, die vor Gericht mit ihrer Klage gegen «Inside Paradeplatz» nicht durchkam, obwohl der Sexismus gegen ihre Person «Neo-Finanzfrau» durchaus auch als unlauterer Wettbewerb «dessen Performance ist im Vergleich zum Schweizer Index ungüngstig» und als Geschäftsschädigung hätten interpretiert werden können. Sexismus ist nicht einfach unschön und diskriminiert theoretisch, sondern ist so angelegt, dass die angegriffenen Frauen enteignet werden sollen und/oder in ihrer Fähigkeit, Kapital zu bilden, gebremst und/oder blockiert werden.

In den deutschschweizerischen Medien grüsst das sexistische Murmeltier fast täglich und es sind nicht selten dieselben Akteure, die einander in der Hetze gegen gewisse Frauen unterstützen. Es wäre höchste Zeit, die patriarchalen Mottenkisten für alle Zeiten auszumisten und wegzuwerfen. Und Patti Basler sei doch eine juristische Intervention empfohlen – es würde allen prominenten und künftigen Frauen helfen.

Hier auch die Folge der #diepodcastin zu: SEXISMUS ENTEIGNET. https://diepodcastin.de/2022/01/15/diepodcastin-on-deprivation-sexismus-ist-enteignung-isabel-rohner-regula-stampfli-uber-mariah-carey-patrizia-laeri-inside-paradeplatz-komasaufen-transschwimmrekorde-episode-kurzblumel/

Der Medienkommentar von Regula Stämpfli für den Klein Report: Viel Mut, viel Verve und die Erkenntnis, dass auch der TX-Konzern sich weiterhin mit patriarchalen Mottenkisten-Schreiber brüstet.

#DiePodcastin über #Merzsexismus #GrandPrixLiteratur21 & Architektur. Isabel Rohner & Regula Stämpfli FORMidabel zu Blanchard, Frommer, Rahm, Hadid, Scott Brown u.a.

#DiePodcastin über #Merzsexismus #GrandPrixLiteratur21 & Architektur. Isabel Rohner & Regula Stämpfli FORMidabel zu Blanchard, Frommer, Rahm, Hadid, Scott Brown u.a.
 Der feministische Wochenrückblick ernüchtert wie üblich: GEO EPOCHE veröffentlicht ein Magazin zum Thema “Die Deutschen” und es kommen KEINE FRAUEN VOR.
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Doch der wirkliche Aufreger ist Friedrich Merz, der seinen Sexismus damit entkräften will, dass er schliesslich mit einer Frau vereheiratet sei und Töchter habe. Well: Ganz böse Stimmen meinen “nicht mehr lange”. Dann der Schweizerische Literaturpreis, dotiert mit über 40.000 Schweizer Franken. Der geht an einen Mann, der über Männer schreibt, zudem über einen der übelsten Rassentheoretiker der Geschichte. Wieder einmal eine riesige Chance zur Würdigung wirklich inspirierender Frauen der Gegenwart vertan.
 
Isabel Rohner und Regula Stämpfli in Form: Sie diskutieren kontrovers darüber, welche Rolle Architektur in unserer Gesellschaft spielt und darüber, wie diese Rolle Frauen & Geschlechtersetting gestaltet. Darüber hinaus werden munter Städteplanung, Architektur, Design gemischt. Architektur, so laStaempfli ist nicht einfach Baumeisterei, sondern durch  und durch mit Macht durchwirkt. Selbst der Begriff ARCHITEKTUR verweist auf die sprichwörtliche Kunst des Herrscherbaus. laStaempfli erzählt davon, wie Stadtplanung, Design und Gebäude als Hieroglyphen, Zeichen, Symbole  Erfahren und Erleben der Stadt prägen. laStaempfli hat dafür den Begriff PHAENOMENOMICS (TM)  erfunden. Die Rohnerin übersetzt dies in Alltagserfahrungen, die durch und durch  patriarchal geformt sind. Die Rohnerin widerspricht der eindimensional phallischen Deutung, will die klitoralen Schwünge feiern, doch leider unterbricht laStaempfli den Schwung mit dem Hammerzitat: “Nein. Die gebauten Orte sind nur gestreckte männliche Mittelfinger gegen alles Lebendige”. Well, die Diskussion wird weitergeführt: Vielleicht finden wir ja sprichwörtlich Wege und Bauten, die weiblich umgedeutet werden können.
zaha-hadid-800x500Bild: Zaha Hadid, Foto aus Dokumentation über ihr Leben.
Architektur, phallisch oder nicht teilt die Rohnerin und laStaempfli, es ist ein Ringen darum, wie Gebäude gelesen werden können: sehr spannend. Die Rohnerin berichtet vom tragischen Wirken der grossen Berta Rahm, laStaempfli unterbricht wieder, weil sie von tragischen Lebensgeschichten nicht mehr hören mag. So ergibt sich aus der Architektur-Diskussion das Gespräch zum (selbst) gestalteten Leben.
#DiePodcastin einigt sich, das Thema in einer nächsten Folge zu besprechen.