Regula Stämpfli über Mythos “Maskulines Gewalt-Genie” in der “Die Weltwoche” vom 28. Jänner 2021

Regula Stämpfli über Mythos “Maskulines Gewalt-Genie” in der “Die Weltwoche” vom 28. Jänner 2021, Die Weltwoche 2021/3. 

Mit 3500 Zeichen auf fast 42.000 Zeichen zur Hymne: „Mozart des Wahnsinns, Phil Spector zu reagieren, ist zwar eine Challenge, aber für eine Frau wie mich kein Thema. Auf Twitter nannte ich den Weltwoche-Artikel eine „Lobeshudelei zum Frauenmörder“, die zeige, „wie Femizid in der Kultur durchaus ein Karriereschmiermittel“ sein kann. Es ist dem Qualitätsjournalismus der „Die Weltwoche“ hoch anzurechnen, mich sofort zur Ausführung dieser Kritik einzuladen. Der TagesAnzeiger, dem ich in einem Tweet am selben Wochenende zu einem völlig verfehlten Frauenstimmrechtsartikel viel sanfter auf die Tastatur klopfte, reagierte extrem: Der verantwortliche Redakteur beschimpfte mich über Stunden; ich blieb sachlich, insistierte und wurde blockiert. Solche Episoden pflege ich mit äusserster Coolheit unter der Rubrik: „Was kümmert es die Elefantin, wenn Ameisen sie anpissen“ abzulegen.1934 agnes miller parker

Phil Spector hingegen ist eine andere Währung. Ich habe in den letzten fünf Jahren viel über die Gewalt gelernt und geschrieben. Vergewaltigung beispielsweise sollte nicht als Sexthema, sondern, wie das Wort eigentlich besagt, unter Gewalt besprochen werden. Dies würde den betroffenen Menschen helfen, Überfälle und Folter dieser Art ganz anders zu verarbeiten und zu erzählen. In meinem wöchentlichen Gespräch mit der sehr klugen und erfolgreichen Krimiautorin Isabel Rohner in: „Die Podcastin“ habe ich gelernt, gängigen Narrativen zu misstrauen. Das Frauenstimmrecht ist so ein verfehltes Storytelling. Wenn Frauen jahrhundertelang und bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts keinen Anspruch auf Teilhabe in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur haben, ist dies keine Nebensächlichkeit, sondern unfassbare Gewalt. Wir erzählen das Apartheidsrégime in Südafrika ja auch nicht mit verniedlichenden Bildern wie: „Die schwarzen Menschen wurden halt auf die Wartebank verwiesen“; „Die Schwarzen waren nicht wehrpflichtig“ oder „Das Wahlrecht der Schwarzen musste von einer Mehrheit der Weissen gutgeheissen werden, das kann halt dauern“, erzählt.

Sportliche Damen um die Jahrhundertwende.

#DiePodcastin redet über Geld: Isabel Rohner & Regula Stämpfli über “a room and money of her own”

#DiePodcastin redet über Geld: Isabel Rohner & Regula Stämpfli über “a room and money of her own”
 
Isabel Rohner beginnt mit dem bedeutungsvollsten von vielen brennend schönen Zitaten: Diesmal von Viriginia Woolf. Der feministische Wochenrückblick bringt der Podcastin Freude über die Diversity am Inauguration Day und einen Riesenärger über die Männerhymnen zu einen Frauenmörder (he shall NOT be named here). Hierzu den Twitteraccount von @beritmiriam (Berit Glanz) & Blog 54books.de
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Doch dann: Money, money. Laut neuerer Studien überlassen immer noch sieben von zehn Frauen in Beziehungen (hetero oder lesbisch) die Finanzentscheidungen den Männern oder der reicheren Partnerin. Vier von zehn Frauen sagen, sie redeten lieber über den Tod als über Geld. Reden Freundinnen über Geld? “Frauen haben kein Geld, deshalb ist die Welt teils so beschissen wie sie ist. Wären die Lehman Brothers Sisters gewesen; die Welt sähe heute mit Bestimmtheit anders aus” konstatiert laStaempfli nüchtern. Sie fährt mit einer regelrechten Frauenschelte fort: Frauen geben ihr Geld nicht für vermehrbares Vermögen aus, sondern behalten es auf einer Bank. “Auf einer Bank!” schreit laStaempfli förmlich. Dabei gilt schon ab ein paar hundert Euro: Kunst, Aktien und Immobilien kaufen. Die Notwendigkeit zwar decken, um die Freiheit immer leben zu können, doch sobald etwas Zusatzgeld da ist: Zum Fenster rausschmeissen (also in Kunst, Aktien und Immobilien), dann kommt es durch die Türe zurück. Die Rohnerin wendet sehr klug ein, dass Frauen und Geld eine schwierige Beziehung sind, weil Frauen vom Erbe jahrhundertelang ausgeschlossen waren; weil Frauen kein eigenes Vermögen besitzen durften; weil Frauen kein Erbe weiterreichen konnten; weil Frauen von Berufen, Bankkonten und Rechten ausgeschlossen waren, etc.
 
Einmal mehr realisieren Isabel Rohner und Regula Stämpfli, dass die Frauendiskriminierung nicht einfach eine Nebensache der Geschichte der Ökonomie ist, sondern Kern- und Angelpunkt der Situation, dass Frauen auch heute noch jährlich in der Schweiz um 100 Milliarden betrogen werden. Allein die Lohnunterschiede, die immer so als marginal dargestellt werden, machen Milliarden Frauenverluste aus, von den unbezahlten Care-Arbeitsstunden, die Mascha Madörin und Zita Küng so genial berechnen und aufzeigen, ganz zu schweigen. Und ja: Frauen, fordert endlich bezahlte Care-Arbeit in Euren PartnerInnenschaften.
 
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Die Folge ist ein einziges Aha-Erlebnis mit viel guten Tipps für Geldanlagen für Frauen und der Geschichte von Frauen mit, auf und über Geld. Es fehlen: Bitcoin, feministische Anlagen, Gold und andere Finanzmechanismen. Im Zentrum stehen für einmal ganz praktisch und schlicht: Frauen und Geld. Literatur: 
 – Die Pandemie als Krise der Frauen von Olivia Kühni siehe https://www.republik.ch/2021/01/18/die-krise-der-frauen
– Feministische Universität zum Thema Geld siehe https://feministische-fakultaet.org/wp-content/uploads/2020/07/fem-Programm-2018-2019.pdf
 – OECD Einstiegsstatistik siehe https://data.oecd.org/earnwage/gender-wage-gap.htm – Wie Frauen um 100 Milliarden betrogen werden, siehe https://www.woz.ch/-9bf6 – Buchtipp: Helma Sick und Renate Schmidt: Ein Mann ist keine Altersvorsorge – warum finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig ist (Penguin Verlag): https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Ein-Mann-ist-keine-Altersvorsorge-Warum-finanzielle-Unabhaengigkeit-fuer-Frauen-so-wichtig-ist/Helma-Sick/Penguin/e542123.rhd